04.09. – 30.10.2023
Mo, 04.09.2023
Götz Rubisch machte Mitte der 70er Jahre kurzzeitig in der DDR Piratenradio. Nicht ohne Konsequenzen. Für die Vorstellung einer veränderten DDR fehlte ihm nach eigener Aussage die Phantasie. Mit Überraschung nahm Rubisch zur Kenntnis nicht auf den – Anfang der 90er von der Bildzeitung veröffentlichten – Listen der inoffiziellen Mitarbeiter der Staatssicherheit zu stehen. Heute ist Rubisch wieder beim Rundfunk aktiv; Er zeichnet sich für die Rubrik „Nachrichten aus der beschädigten Welt“ und die Sendung „Bücherwurm“ bei Radio Corax verantwortlich.. Hier mehr Wendefokus
Mo, 11.09.2023
Heute: Rainer Schade… Der DDR-Alltag unterschied sich wenig vom heutigen bei Rainer Schade; Ein (ein)finden in der Nische der Künste; „Aus heutiger Sicht ging [in der DDR] mehr, als manche denken„. Schade arbeitet(e) mit Grafiken und Cartoons, eine „ewige Gratwanderung, ein Ausprobieren„. Durch längere Aufenthalte in Łódź hatte Schade Einblicke in die sich formierende Solidarność Bewegung. Er war ab 1979 Assistent an der Hochschule Burg Giebichenstein, seit 1992 ist er dort Professor für Bildnerische Grundlagen, Malerei und Grafik. Hier mehr Wendefokus
Mo, 18.09.2023
Eva Maria Scherf veröffentlicht heute Bücher zur Lokalgeschichte, während sie auf einer großen Bürgerversammlung am 15.10.1989 in der Pauluskirche Halle (Titel der Veranstaltung:“Gewaltfreiheit für unsere Stadt„) als Delegierte wirkte und auf der ersten Diskussionsveranstaltung zwischen SED und Opposition im Volkspark als Rednerin sprach. Zuvor leitete Scherf den universitären Filmklub, wo viele „problematische„, vor allem sowjetische, Filme zu sehen waren. Die Ereignisse ab 1990 bezeichnet Scherf eher als „Anschluss, nicht als Revolution„. Nur für die Herbstphase 1989 nutzt sie den Begriff „friedliche Revolution“ – allerdings mit „offenem Ausgang„.Hier mehr Wendefokus
Mo, 25.09.2023
Stefan Schleicher absolvierte seine Ausbildung und Arbeit bei der Verkehrspolizei, um ab 1985 bei der Kriminalpolizei in Halle tätig zu sein. Er habe jede Montagsdemo mitgemacht – „natürlich auf der anderen Seite„. Einen Willen zu Veränderung der Verhältnisse hat Schleicher nicht verspürt, eine Demokratisierung der Polizei habe nach 1989 kaum stattgefunden. „Nicht einfach“ sei es für die Polizei, um die Zeit der sogenannten Wende gewesen: es herrschte ein „teilweise rechtsfreier Raum“, viele „Leute gingen [gegen die Polizei] schnell auf Kontra„.Hier mehr Wendefokus
Mo, 02.10.2023
Werner Schönfeld lehnte eine Offizierslaufbahn ab und musste mit den Konsequenzen, die eine Einschränkung der beruflichen Laufbahn bedeuteten, leben und widmete sich der Fotografie – vor allem in Halle. Dabei dokumentierte er den systematischen Zerfall der Alt-Stadt; das angedachte und allmähliche Verschwinden der Altbausubstanz. Trotz Organisierung im Kulturbund wurde die fotografische Arbeit – unter dem subjektiv empfundenen permanenten Verdacht der Spionagetätigkeit – kritisch von Seiten der Obrigkeit betrachtet. Mit Blick auf die Ereignisse um 1989 formuliert Schönfeld, dass „ein solcher friedlicher Systemwechsel“ ein „einmaliger Vorgang in der deutschen Geschichte“ gewesen sei.. Hier mehr Wendefokus
Mo, 09.10.2023
Wolfgang Schuster studierte Tierzucht und wohnte unweit der Saale. Mit Geburt der Kinder begann ein Nachdenken über die ökologischen Zustände der DDR, in Folge dessen erwuchs bei Schuster ein Engagement in der ökologischen Arbeitsgruppe beim Kirchenkreis Halle, wo monatlichen Treffen dem Informationsaustausch sowie der Sensibilisierung für den Umweltschutz mittels themenbezogener Vorträge dienten. Schuster war Mitherausgeber des „Blattwerks„, baute eine Umweltbibliothek (mit einem breiten Angebot internationaler, vor allem westlicher Bücher und Aufsätze zu den Themen Umweltschutz und Menschenrechte einschließlich sämtlicher Untergrundzeitungen der DDR) und kann von einigen öffentlichkeitswirksamen Aktionen berichten. Der Wille zu Veränderungen in der DDR, bestärkte Schuster keine Ausreise in die BRD zu beantragen. Er nennt die Ereignisse 1989 eine „friedlichen Revolution, die von Kerzen getragen wurde„: Nicht weniger als ein Staat ist zusammengebrochen. Hier mehr Wendefokus
Mo, 16.10.2023
Andrea Seifert war 1989 15 Jahre alt und besuchte das “Institut zur Vorbereitung auf das Auslandsstudium”. Klingt staatstragend und war es auch. Andrea Seifert hatte das Ziel in Prag Biologie zu studieren. Hier mehr Wendefokus
Mo, 23.10.2023
Petra Sitte war zweite Sekretärin der FDJ-Kreisleitung an der Martin-Luther-Universität in Halle. Der Umbruch der Lebensumstände bedeutete für sie vor allem einen Verlust. Rückblickend beschreibt sie die Veränderungen, die die politische Funktion in der FDJ an ihr bewirkte und berichtet über Fehler einer staatstreuen jungen Erwachsenen, die heute ein stärkeres (basis)demokratisches Bewusstsein bei Sitte bewirken: „Man hatte das erste Mal das Gefühl, dass man das Rad der Geschichte mitdrehen konnte„.Hier mehr Wendefokus
Mo, 30.10.2023
André Sobotta war 1989 22 Jahre alt und Mitarbeiter der Kreisfilmstelle Leipzig Land. Die ländliche Lage der Kinos ermöglichte ihm die Realisierung eines erweiterten Programms – unter anderem mit Bands wie „Sandow“ aus dem sogenannten „alternativen Spektrum„. In der FDJ wurde er wegen seines „Outfits“ rausgeworfen. Trotz vieler Bekannter, die in „den Westen gingen„, hatte Sobotta „keine Lust zum Westbürger zu mutieren„, wobei ein Zusammenbruch der DDR „ausserhalb jeder Vorstellungskraft“ lag. Den Begriff der „Revolution“ für die Ereignisse sei problematisch; es sei ein Beitritt in „ein bestehendes System“ gewesen. Sobotta, dessen Band selbst Auftrittsverbot in der DDR hatte, gründete und betreibt bis heute den Landesfilmdienst Sachsen e.V. Hier mehr Wendefokus